Bindung stärkt
Emotionale Sicherheit für Ihr Kind - der beste Start ins Leben
Wer sein Kind liebt, gibt ihm Sicherheit
Die Natur hat vorgesorgt: Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebenfalls...
Die Natur hat vorgesorgt: Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebenfalls...
Leider schon ausverkauft
Buch
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Bindung stärkt “
Wer sein Kind liebt, gibt ihm Sicherheit
Die Natur hat vorgesorgt: Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebenfalls verankerten "intuitiven Elternprogramm" verknüpft ist. Doch viel zu oft lassen sich Eltern von äußeren Einflüssen verunsichern, statt ihrem Gefühl zu vertrauen. Dieses Buch stärkt ihre ureigene Kompetenz und zeigt ihnen, wie sie kindliche Signale besser wahrnehmen, verstehen und feinfühlig auf sie reagieren können.
Das Kind ist geboren und nichts wünschen sich Eltern so sehr, als dass es ihm so gut wie möglich gehen möge und es alles bekommt, was es braucht. Neben der Nahrung ist dies vor allem Liebe und Zuwendung, denn nur durch sie kann sich das Baby willkommen und sicher in seiner neuen Welt fühlen. Und: eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist die entscheidende Voraussetzung für eine weitere, positive Entwicklung des Kindes - Bindung stärkt!
Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und beständigem, zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebensolchen verankerten "intuitiven Elternprogramm" verknüpft ist. Aber dieses Programm, sagen die Forschungen der Verhaltensbiologie, ist "störanfällig", wenn Eltern durch äußere Einflüsse verunsichert werden und ängstlich reagieren, ihren Kopf statt den Bauch sprechen lassen.
Dieses Buch der bekannten Autorin Evelin Kirkilionis gibt deshalb keine konkreten "Handlungsanweisungen für perfektes Bindungsverhalten", denn diese wären Gift für die elterliche Intuition. Es bestärkt jedoch Eltern in ihren ureigenen Qualitäten, ermutigt sie, die kindlichen Signale "richtig" wahrzunehmen, zu verstehen und adäquat zu reagieren. Dabei wird die "Feinfühligkeit" der Eltern zum unantastbaren Instrument für die optimale Bindung zu ihrem Baby.
Aus dem Inhalt: Wie eine "gelungene" Bindung aussieht - Was Eltern schon nach einem Jahr von einer sicheren Bindung haben - Die elterliche Feinfühligkeit als Zauberwort für optimale Bindung - Nähe durch Körperkontakt - Eine sichere Bindung ist der beste Schutzraum fürs Kind - Die Gefahren übermäßiger Bindung - Liebe auf den ersten Blick - Der beste Start für Eltern und Kind - u.v.a.m. ...
Ein unverzichtbares Buch für Eltern und solche, die es werden wollen. Mit spannenden, kulturübergreifenden Beispielen. Ermutigend, stärkend, leicht zu lesen.
Mehr über die Autorin: Evelin Kirkilionis, geb. 1952, ist Humanethologin, Mitbegründerin der selbstständigen Forschungsgruppe "Verhaltensbiologie des Menschen" in Kandern b. Freiburg und erfahrene Leiterin von Workshops und Fortbildungen. Ihr 1999 bei Kösel erschienener Eltern-Ratgeber "Ein Baby will getragen sein. Alles über Tragehilfen und Vorteile des Tragens" wurde zum Bestseller.
Die Natur hat vorgesorgt: Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebenfalls verankerten "intuitiven Elternprogramm" verknüpft ist. Doch viel zu oft lassen sich Eltern von äußeren Einflüssen verunsichern, statt ihrem Gefühl zu vertrauen. Dieses Buch stärkt ihre ureigene Kompetenz und zeigt ihnen, wie sie kindliche Signale besser wahrnehmen, verstehen und feinfühlig auf sie reagieren können.
Das Kind ist geboren und nichts wünschen sich Eltern so sehr, als dass es ihm so gut wie möglich gehen möge und es alles bekommt, was es braucht. Neben der Nahrung ist dies vor allem Liebe und Zuwendung, denn nur durch sie kann sich das Baby willkommen und sicher in seiner neuen Welt fühlen. Und: eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist die entscheidende Voraussetzung für eine weitere, positive Entwicklung des Kindes - Bindung stärkt!
Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und beständigem, zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebensolchen verankerten "intuitiven Elternprogramm" verknüpft ist. Aber dieses Programm, sagen die Forschungen der Verhaltensbiologie, ist "störanfällig", wenn Eltern durch äußere Einflüsse verunsichert werden und ängstlich reagieren, ihren Kopf statt den Bauch sprechen lassen.
Dieses Buch der bekannten Autorin Evelin Kirkilionis gibt deshalb keine konkreten "Handlungsanweisungen für perfektes Bindungsverhalten", denn diese wären Gift für die elterliche Intuition. Es bestärkt jedoch Eltern in ihren ureigenen Qualitäten, ermutigt sie, die kindlichen Signale "richtig" wahrzunehmen, zu verstehen und adäquat zu reagieren. Dabei wird die "Feinfühligkeit" der Eltern zum unantastbaren Instrument für die optimale Bindung zu ihrem Baby.
Aus dem Inhalt: Wie eine "gelungene" Bindung aussieht - Was Eltern schon nach einem Jahr von einer sicheren Bindung haben - Die elterliche Feinfühligkeit als Zauberwort für optimale Bindung - Nähe durch Körperkontakt - Eine sichere Bindung ist der beste Schutzraum fürs Kind - Die Gefahren übermäßiger Bindung - Liebe auf den ersten Blick - Der beste Start für Eltern und Kind - u.v.a.m. ...
Ein unverzichtbares Buch für Eltern und solche, die es werden wollen. Mit spannenden, kulturübergreifenden Beispielen. Ermutigend, stärkend, leicht zu lesen.
Mehr über die Autorin: Evelin Kirkilionis, geb. 1952, ist Humanethologin, Mitbegründerin der selbstständigen Forschungsgruppe "Verhaltensbiologie des Menschen" in Kandern b. Freiburg und erfahrene Leiterin von Workshops und Fortbildungen. Ihr 1999 bei Kösel erschienener Eltern-Ratgeber "Ein Baby will getragen sein. Alles über Tragehilfen und Vorteile des Tragens" wurde zum Bestseller.
Klappentext zu „Bindung stärkt “
Wer sein Kind liebt, gibt ihm SicherheitDie Natur hat vorgesorgt: Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebenfalls verankerten "intuitiven Elternprogramm" verknüpft ist. Doch viel zu oft lassen sich Eltern von äußeren Einflüssen verunsichern, statt ihrem Gefühl zu vertrauen. Dieses Buch stärkt ihre ureigene Kompetenz und zeigt ihnen, wie sie kindliche Signale besser wahrnehmen, verstehen und feinfühlig auf sie reagieren können.
Das Kind ist geboren und nichts wünschen sich Eltern so sehr, als dass es ihm so gut wie möglich gehen möge und es alles bekommt, was es braucht. Neben der Nahrung ist dies vor allem Liebe und Zuwendung, denn nur durch sie kann sich das Baby willkommen und sicher in seiner neuen Welt fühlen. Und: eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist die entscheidende Voraussetzung für eine weitere, positive Entwicklung des Kindes - Bindung stärkt!
Das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, emotionaler Sicherheit und beständigem, zuverlässigem Kontakt ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis, das mit einem ebensolchen verankerten "intuitiven Elternprogramm" verknüpft ist. Aber dieses Programm, sagen die Forschungen der Verhaltensbiologie, ist "störanfällig", wenn Eltern durch äußere Einflüsse verunsichert werden und ängstlich reagieren, ihren Kopf statt den Bauch sprechen lassen.
Dieses Buch der bekannten Autorin Evelin Kirkilionis gibt deshalb keine konkreten "Handlungsanweisungen für perfektes Bindungsverhalten", denn diese wären Gift für die elterliche Intuition. Es bestärkt jedoch Eltern in ihren ureigenen Qualitäten, ermutigt sie, die kindlichen Signale "richtig" wahrzunehmen, zu verstehen und adäquat zu reagieren. Dabei wird die "Feinfühligkeit" der Eltern zum unantastbaren Instrument für die optimale Bindung zu ihrem Baby.
Aus dem Inhalt: Wie eine "gelungene" Bindung aussieht - Was Eltern schon nach einem Jahr von einer
... mehr
sicheren Bindung haben - Die elterliche Feinfühligkeit als Zauberwort für optimale Bindung - Nähe durch Körperkontakt - Eine sichere Bindung ist der beste Schutzraum fürs Kind - Die Gefahren übermäßiger Bindung - Liebe auf den ersten Blick - Der beste Start für Eltern und Kind - u.v.a.m. ...
Ein unverzichtbares Buch für Eltern und solche, die es werden wollen. Mit spannenden, kulturübergreifenden Beispielen. Ermutigend, stärkend, leicht zu lesen.
Mehr über die Autorin: Evelin Kirkilionis, geb. 1952, ist Humanethologin, Mitbegründerin der selbstständigen Forschungsgruppe "Verhaltensbiologie des Menschen" in Kandern b. Freiburg und erfahrene Leiterin von Workshops und Fortbildungen. Ihr 1999 bei Kösel erschienener Eltern-Ratgeber "Ein Baby will getragen sein. Alles über Tragehilfen und Vorteile des Tragens" wurde zum Bestseller.
Ein unverzichtbares Buch für Eltern und solche, die es werden wollen. Mit spannenden, kulturübergreifenden Beispielen. Ermutigend, stärkend, leicht zu lesen.
Mehr über die Autorin: Evelin Kirkilionis, geb. 1952, ist Humanethologin, Mitbegründerin der selbstständigen Forschungsgruppe "Verhaltensbiologie des Menschen" in Kandern b. Freiburg und erfahrene Leiterin von Workshops und Fortbildungen. Ihr 1999 bei Kösel erschienener Eltern-Ratgeber "Ein Baby will getragen sein. Alles über Tragehilfen und Vorteile des Tragens" wurde zum Bestseller.
... weniger
Lese-Probe zu „Bindung stärkt “
Bindung stärkt von Evelin KirkilionisEin Wort vorab
Ein strahlendes Baby, das die Eltern anlacht, sobald es gestreichelt
und liebkost wird, ein fröhliches Kleines, das zutraulich
an der Hand der Eltern das Abenteuer Umwelt erobert, ein
zärtlicher kleiner Schmuser auf Mamas Schoß, begeistertes Toben
quer durch die Wohnung auf Papas Rücken, in ihre Phantasiewelt
vertiefte Spielkameraden, stolzes Herumzeigen erster
gelungener Schreibversuche - Bilder einer glücklichen Kindheit,
Symbole einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Eltern
und Kind. Eine gelungene Bindung zwischen Kind und
Eltern bildet nicht nur eine Basis, anfängliche kleinere Probleme
gemeinsam gut meistern zu können, sie beeinflusst auch
alle weiteren Phasen der Kindheit positiv. Selbst der schwierige
Pubertierende verliert, trotz aller Protesthaltung, nicht das Vertrauen
zu Mutter und Vater. Und auch der junge Erwachsene
findet immer wieder den Weg zu ihnen und lässt sie an seinem
Leben teilhaben. Bindung stärkt! - nicht nur während der
Kindheit, sondern sie bietet Rückhalt weit über die Jugendzeit
hinaus.
... mehr
Hinter den glücklichen Momenten einer vertrauensvollen
Eltern-Kind-Beziehung verbirgt sich natürlich auch eine andere,
»harte« Realität: Schlaflose Nächte, weil die Kleinen über
Tage hinweg untröstlich scheinen. Nervenzehrende Hilflosigkeit,
weil dem Trotzkopf kaum beizukommen ist. Ungeduldiger
Ärger, da der Rechtschreibfehler zum »hundertsten« Mal auftritt.
Wut und Verzweiflung, wenn die Diskussionen mit dem
vierzehnjährigen, ewig gelangweilten, verstockten Neinsager
kein Ende zu nehmen scheinen. Ein gerütteltes Maß an Enttäuschung,
wenn anscheinend wochenlang, auch an Geburtstagen, in der
gesamten Umgebung kein einziges Telefon für einen
kurzen Anruf aufzutreiben ist. Dennoch, durch alle Veränderungen
und Krisen im Verlaufe eines Lebens - auch wenn sich
allgemein die Bedeutung der Eltern für ein Kind ändert und
auch ändern muss - ist die Beziehung eines Kindes zu seinen
Eltern etwas Besonderes und den Lebensweg grundlegend
Mitbestimmendes, selbst wenn sich diese Beziehung irgendwann
als kritisch erweist.
Mit all unseren Bemühungen möchten wir unsere Kinder
zu einer selbstbewussten, kompetenten, mit sich und ihrem Leben
zufriedenen, eigenständigen und liebesfähigen Persönlichkeit
führen, die in ihr soziales Umfeld eingebettet ist und deren
Verbundenheit - wir müssen uns das eingestehen - mit dem
Elternhaus über den gesamten Lebensweg hinweg bestehen
bleiben soll. Eltern sind sich ihrer Verantwortung wohl bewusst,
den gewichtigen Grundstein für einen gelungenen Lebensweg
ihres Kindes zu legen. Es steht außer Frage, dass körperliches
Wohlbefinden hierfür nicht ausreicht, sondern dass
das »psychische Wohlbefinden« letztendlich über die Qualität
der Eltern-Kind-Beziehung entscheidet, und das heißt die gefühlsmäßige
Zuwendung und Nähe, die einem Kind Sicherheit
und Geborgenheit vermitteln.
Die Zuneigung, die ein Kind in den ersten Lebensjahren
erfährt, bildet den Rahmen, in dem alle anderen späteren Beziehungen
eingefügt werden. An ihm »arbeiten« Eltern mit ihrer
Liebe und Fürsorge vom ersten Lebenstag ihres Kindes an
- ja, eigentlich schon vorher. Und sie sind es, die seine Signale
der Zuneigung beantworten und ihm somit die Welt der Gefühle
erschließen.
In der Überzeugung, dass ein gelungener Anfang auch die beste
Grundlage für einen weiterhin erfolgreichen Verlauf darstellt,
wird sich dieses Buch vor allem auf das erste Lebensjahr
konzentrieren, auch wenn es nicht beim zwölften Lebensmo-
nat Halt machen wird. Dies bedeutet natürlich nicht, dass ausschließlich
die Erfahrungen eines Kindes im ersten Jahr »prägend
«, also alles entscheidend für das gesamte restliche Leben
sein werden und somit alle weiteren Bemühungen nur noch ergänzenden
Charakter haben. Es soll damit betont werden, wie
eminent wichtig dieser Zeitraum ist - sowohl für die kindliche
Entwicklung als auch für die Entstehung elterlicher Gefühle.
Jedes menschliche Wesen lernt vom ersten Tag seines Lebens
an - genauer gesagt, bereits vorher. Und jedes menschliche
Wesen kann lebenslang hinzu- und umlernen. Somit lassen
sich auch im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen,
falls die erste Entwicklungszeit eines Kindes kritisch verlaufen
ist, etwaige Mängel mit viel Liebe und Geduld ausgleichen.
Pflege- und Adoptiveltern beispielsweise können durch ihr
emotionales Potenzial anfängliche Vernachlässigungen auffangen,
und Eltern können, sobald sie eine bedenkliche Entwicklung
erkennen, an ihren »Schwächen« arbeiten, die ihr Kind
ungünstig beeinflussen, und entsprechend gegensteuern.
Seien Sie also unbesorgt: Sie müssen keineswegs befürchten,
dass Ihr Kind gleich einen Ballast für sein gesamtes Leben
mitschleppt, wenn Sie hie und da einen Fehler machen. Wir
müssen nicht perfekt sein - perfekte Eltern ohne Fehl und Tadel
dürfte es wohl kaum geben und für ein Kind früher oder
später wahrscheinlich ein Gräuel sein. Liebevolle, zugewandte
Eltern, die ihr Kind als eigenständige kleine Persönlichkeit akzeptieren,
»genügen« für den Anfang vollends.
Einführung
Was ist eigentlich eine
gelungene Eltern-Kind-Beziehung?
»Bindung«, »Bonding« und »Attachment« -
Begriffe, die fast jeder kennt
Für eine gesunde Entwicklung ist ein Kind auf eine emotionale
Beziehung zumindest einer Person angewiesen, die die Elternaufgabe
übernimmt. »Bindung«, das wissenschaftliche Schlagwort
hierfür, fand in diesem Zusammenhang schnell Eingang
in den allgemeinen Sprachgebrauch. Doch nicht nur das Kind
bindet sich an seine Eltern, auch die Eltern entwickeln eine
emotionale Beziehung zu ihrem Kind. Im englischen Sprachgebrauch
wird mit »attachment« die Seite des Kindes, mit
»bonding« die Seite der Eltern bezeichnet. Im deutschen
Sprachgebrauch wird hingegen mit dem Begriff »Eltern-Kind-
Bindung« oder »Eltern-Kind-Beziehung« mehr die Zusammengehörigkeit
der beiden Seiten der Gefühlsverbindung zwischen
Eltern und Kind betont.
Ich möchte hervorheben, dass ich in diesem Buch das Wort
»Eltern« im weitesten Sinne verwende. Es steht für die Personen,
die ein Kind beständig betreuen, und gilt nicht unbedingt
allein für die leiblichen Eltern. Ebenso steht der Begriff
»Mutter« stellvertretend für die »Hauptbezugsperson«. Mütter
sind allerdings vor allem im ersten Lebensjahr - manchmal aus
rein biologischen Gründen aufgrund des Stillens - meist die
primären Betreuungspersonen. Engagierte Väter mögen mir
verzeihen, dass ich sie oft aus Gründen der flüssigeren Lesbarkeit
nicht explizit anführe.
Sichere und unsichere Bindungsbeziehungen -
die klassischen Bindungsbeobachtungen
Eltern vermitteln ihrem Kind das Gefühl der psychischen Sicherheit,
das heißt, sie sind Quelle der Angstfreiheit und Geborgenheit.
Im Säuglingsalter ist diese vor allem von der Präsenz
der Eltern abhängig. Die weitere kindliche Entwicklung
mit der Zunahme von kognitiven Fähigkeiten ermöglicht
einem Kind Schritt für Schritt, sich der emotionalen Nähe und
Verfügbarkeit der Bindungspersonen auch auf anderen Wegen
sicher zu sein.
Durch ihre fürsorgliche Art und Weise, durch die Aufmerksamkeit,
mit der Eltern auf seine Signale reagieren, erhält ein
Baby bereits im Verlauf seiner ersten Lebensmonate Gewissheit
darüber, dass seine Eltern es liebevoll umsorgen und seine
Bedürfnisse erkennen, dass sie es annehmen und schützen. So
erweisen sie sich als zuverlässige Bindungspartner. Werden Eltern
zu einer sicheren Basis für ihr Kind, kann man dies bereits
im Krabbelalter an seinem Verhalten ablesen: Sicher gebundene
Kinder erobern nicht nur neugieriger und selbstständiger ihre
Umwelt. Sie zeigen auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
eigenständigem Spiel und Interesse bzw. Freude am Kontakt
mit den Eltern. Sie sind im Allgemeinen ausgeglichen, weinen
seltener und zeigen kaum ängstliches, ärgerliches oder aggressives
Verhalten. Sie suchen bei Unbill die Nähe der Eltern und
lassen sich trösten, ohne zu klammern, das heißt, sie lösen sich
auch wieder, sobald Trauer und Schmerz überwunden sind. Sie
wissen, wie sie sich Hilfe holen, und tun dies auch, sobald sie
sich überfordert fühlen.
Eine gelungene Eltern-Kind-Beziehung lässt sich vielleicht
am besten im Vergleich zu nicht sicher gebundenen Kindern
anhand des Fremde-Situation-Tests (siehe auch S. 14) verdeutlichen,
auch wenn das gleich zu Anfang in etwas »trockene« wissenschaftliche
Bereiche führt. Bei diesen Beobachtungen werden
etwa Einjährige mit sie immer stärker verunsichernden
Situationen konfrontiert. In exakt festgelegten Beobachtungssituationen
bleiben die Kinder eine Zeit lang teils mit einer
fremden Person, teils völlig alleine in einer ihnen unbekannten
Umgebung zurück. Je verunsicherter ein Kind ist, desto mehr
benötigt es die beruhigende Nähe seiner Mutter, desto weniger
zeigt es verständlicherweise auch Spiel- oder Erkundungsverhalten,
selbst wenn das dargebotene Spielzeug noch so interessant
ist. Man kann sich das als eine Wippe vorstellen: auf der
einen Seite das Erkundungsverhalten, auf der anderen Seite das
Bindungsbedürfnis. Je sicherer und unbeschwerter sich ein
Kind fühlt, desto eher ist sein Erkundungsverhalten aktiviert.
Je unsicherer es sich fühlt, desto mehr Bindungsverhalten zeigt
es und umso weniger Erkundungsverhalten. Wird ein Kind
mehr und mehr verunsichert oder geängstigt, kann es immer
weniger spielen und wird verstärkt nach einem Rückhalt bei
seiner Betreuungsperson suchen, die ihm sein Sicherheitsgefühl
wiedergibt und ihm zeigt, dass es geschützt und alles in Ordnung
ist.1
Bei der Testanordnung erwartet man wahrscheinlich zunächst,
dass die Reaktionen der Kinder während der Trennung
von ihrer Mutter die interessantesten Informationen liefern.
Wie die Kleinen mit den Trennungssituationen umgingen, erwies
sich zwar als wichtig, besonders aufschlussreich für die
Beurteilung der Bindungsqualität waren jedoch die Verhaltensweisen
bei der Wiedervereinigung mit der Mutter.
Der Fremde-Situation-Test - eine Methode
zur Beurteilung der Bindungsbeziehung
Mary Ainsworth2 entwickelte diesen Test, durch den die
Bindungsqualität von etwa Ein- bis Eineinhalbjährigen an
ihre Betreuungspersonen erfasst werden können - und zwar
aufgrund eines standardisierten Ablaufs von Episoden des
Zusammenseins mit der Mutter bzw. der Trennung von ihr
in einer fremden Umgebung. Die im Testraum herumliegenden
Spielsachen sind zwar interessant und regen auf der
einen Seite zu Erkundungsverhalten an, auf der anderen Seite
sind die Kinder durch die fremde Umgebung aber auch
ein wenig beunruhigt. Sie benötigen daher eher eine Rückversicherung
durch die Mutter, was sich an den öfters auftretenden,
das Bindungsbedürfnis signalisierenden Verhaltensmustern
gut erkennen lässt, wie häufigerer Blickkontakt mit
der Mutter oder Wunsch nach direkter körperlicher Nähe.
Da die Mutter bei diesem Test abseits von der Spielecke
sitzt, sind die Verhaltensweisen des Kindes zur Kontaktaufnahme
gut beobachtbar.
In acht Episoden, die jeweils drei Minuten dauern, wird
das Kind unterschiedlich stark verunsichernden Situationen
ausgesetzt - natürlich nur, wenn es nicht zu heftig reagiert:
Mutter und Baby werden von einer Untersuchungsleiterin in
den Beobachtungsraum gebracht (Episode 1). Zunächst also
mit der Mutter allein muss das Kind sich entscheiden, ob es
in der unbekannten Umgebung zur Mutter strebt oder die
interessanten Spielsachen erkunden möchte (Episode 2).
Drei Minuten später kommt eine fremde Person hinzu (Episode
3). Nach der festgesetzten Zeit verlässt die Mutter den
Raum (Episode 4) und kehrt nach weiteren drei Minuten
zurück, während gleichzeitig die fremde Person geht (Episo-
de 5). Danach verlässt die Mutter ebenfalls den Raum wie
der Fremde und das Baby bleibt alleine zurück (Episode 6). Nach
drei Minuten kommt die fremde Person erneut herein (Epi
sode 7). In der letzten Episode verlässt die Fremde den
Raum, sobald die Mutter zurückkehrt (Episode 8).
Jede Episode verunsichert die Kinder immer stärker. Das
heißt, ihr Bedürfnis nach Nähe zur Mutter nimmt zu, die
Spielbereitschaft jedoch mehr und mehr ab, da sie immer
ängstlicher werden, insbesondere wenn die Mutter gegangen
ist und sie in der fremden Umgebung alleine bleiben. Auch
nach der Rückkehr der Mutter sind die Kinder verständli-
cherweise noch stark beunruhigt und spielen nicht mehr so
intensiv wie in der Ausgangssituation.
Die übliche Reaktion von Kindern mit einer sicheren Bindung:
Zunächst erkunden die Kinder interessiert das Spielzeug,
das in der Spielecke ausgebreitet ist, während sie hin und wieder
Kontakt zur Mutter aufnehmen, die etwas abseits sitzt.
Verlässt die Mutter den Raum, protestieren die Kleinen zwar,
sie beginnen jedoch nicht unmittelbar zu weinen oder zu
schreien. Sie rufen zunächst nach ihr, und da sie nicht zurückkehrt,
verlieren sie nach und nach das Interesse an den Spielsachen.
Sie beginnen, nach der Mutter zu suchen und oft auch zu
weinen, wobei die Beruhigungsversuche einer fremden Person
erfolglos bleiben. Sobald die Mutter zurückkehrt, wird sie freudestrahlend
begrüßt. Die Kleinen suchen ihre körperliche Nähe
und wollen von ihr getröstet werden. Nach einer Weile sind sie
schließlich beruhigt und beginnen allmählich wieder zu spielen.
Die Reaktionen unsicher gebundener Kinder: Bei nicht sicher
gebundenen Kindern sind verschiedene typische Verhaltensmuster
beobachtbar:
Bei einer sogenannten unsicher-vermeidenden Bindungsbeziehung
zeigen die Kleinen in der Beobachtungssituation
zunächst ein anscheinend recht selbstständiges Verhalten. Die
Mutter wird während des Spiels insgesamt wenig beachtet,
selbst wenn sie den Raum verlässt, scheint es für die Kinder
kein Problem zu sein. Sie spielen angeregt mit Fremden und
beachten ihre Mutter bei der Rückkehr nicht besonders, suchen
also auch keinen Körperkontakt zu ihr. Insgesamt scheinen die
Kleinen allein gut zurechtzukommen und zeigen sich wenig
beeindruckt von der ungewöhnlichen Situation. Dieses Verhalten
lässt - allerdings nur auf den ersten Blick - einen hohen
Grad an Selbstständigkeit vermuten (siehe auch S. 19 f.).
Bei einer unsicher-ambivalenten Bindung können die
Mütter ihre Kinder nur sehr schwer beruhigen, sobald sie verunsichert
werden. Die Kleinen haben in der fremden Umgebung
starke Angst, den Kontakt mit ihrer Mutter zu verlieren.
Sie beobachten die ganze Zeit über, was die Mutter macht.
Bisweilen ist es der Mutter in der Testsituation nicht möglich,
ihr Kind alleine zu lassen, da es sich anklammert und heftig
weinend protestiert. Auf der anderen Seite wehrt es sich
manchmal ärgerlich und wütend dagegen, in den Arm genommen
und getröstet zu werden, wenn die Mutter es nach der
Trennung beruhigen will.
Von einer desorganisierten Bindungsbeziehung spricht
man, wenn verschiedenste widersprüchliche Verhaltensweisen
zusammenfallen, die oft eine Kombination von Reaktionen aus
den beiden anderen unsicheren Bindungsbeziehungen sind. So
treten beispielsweise Vermeidungsreaktionen gleichzeitig mit
starkem Trennungsprotest auf. Oder das Kind gebärdet sich
ausgesprochen ärgerlich gegenüber der Mutter, obwohl es zuvor
zufrieden alleine spielte. So vielschichtig die Ausdrucksweise
bei dieser Bindungsdesorganisation ist, so vielschichtig
sind die Hintergründe hierfür. Der desorganisierte Bindungstyp
kann in Zusammenhang mit neurologischen Schädigungen
des Kindes auftreten, aber auch mit Misshandlung und Vernachlässigung
bzw. mit anderen traumatischen oder ungewöhnlichen
und belastenden Ereignissen in Verbindung stehen.3
Deshalb ist diese Bindungsorganisation hier nur der Vollständigkeit
halber erwähnt. Sie näher zu erläutern, würde den Rahmen
dieses Buches sprengen. Interessierte Leser können mehr
in dem Buch von Grossmann/Grossmann Bindungen, das Gefüge
psychischer Sicherheit nachlesen (siehe Anmerkungen/Literatur,
S. 149).
Die Beschreibung der kindlichen Verhaltensweisen im Fremde-
Situation-Test sollte Sie jetzt nicht dazu veranlassen, beunruhigt
Ihre Kleine zu beobachten, die bei Besuchen kaum von
Mamas Schoß klettert, oder den selbstbewussten Zwerg, der
neugierig und unbeeindruckt die fremde Wohnung Ihrer
Freunde inspiziert. Es gibt einfach kleine Schüchterne, die immer
etwas gehemmter in fremder Umgebung sind und die nur
»langsam auftauen«, das ist Temperamentssache. Und die ausgesprochen
selbstbewusste Variante sollte Sie auch nicht gleich
ängstigen: Sie haben nun mal ein extrovertiertes Kerlchen vor
sich, das es vielleicht auch durch Ihr großes soziales Netz gewohnt
ist, sich unbeeindruckt in fremder Umgebung zu bewegen.
Diese Verhaltensweisen müssen keineswegs gleich eine
unsichere Bindung signalisieren.
Auch während wissenschaftlicher Untersuchungen sind für
eine seriöse Zuordnung der Kinder zu den verschiedenen Bindungstypen
mehr als nur die Beobachtungen während der
Fremde-Situation nötig, die hier nur grob und im Überblick
beschrieben wurden. Alle Untersuchungen der gefilmten Tests
gingen mit aufwändigen Verhaltensanalysen durch mehrere
trainierte Personen und mit Beobachtungen auch im häuslichen
Rahmen einher, um die Persönlichkeitseigenschaften der kleinen
Probanden mit einbeziehen zu können.
Bereits im ersten Lebensjahr unterscheidet man
verschiedene Temperamente
Schon mit wenigen Monaten unterscheiden sich Kinder in
ihrem Temperament, das sich an typischen Reaktionen und
Verhaltensstilen festmacht, zum Beispiel anhand der Heftigkeit
ihrer Reaktionen, wie leicht sie sich an Veränderungen
anpassen können, in welcher Stimmungslage sie vornehmlich
sind: Im Babyalter unterscheidet man zwischen »pflegeleichtem
«, »schwierigem« und »langsam auftauendem« Temperament.
Wie die Bezeichnung vermuten lässt, ist die Stimmungslage
pflegeleichter Babys vorwiegend positiv. Der Tagesablauf
ist für Eltern recht bald gut vorhersehbar, da sich relativ
schnell zum Beispiel ein Schlaf- oder Stillrhythmus einstellt.
Diese Kinder haben keine Probleme damit, sich auf andere
Leute und neue Gegebenheiten einzustellen und können
sich leicht und gut an veränderte Situationen anpassen. Etwa
40 % werden zu den pflegeleichten Babys gerechnet, während
ungefähr 10 % ein schwieriges Temperament haben.
Bei ihnen ist der Tagesablauf ziemlich unberechenbar. Sie
reagieren eher mit Rückzug auf neue Menschen und Situationen
und gewöhnen sich nur schwer an Veränderungen. Vor
allem reagieren sie allgemein recht heftig und unwillig. Die
langsam auftauenden Kinder hingegen wirken scheu und zurückhaltend
und ziehen sich ebenfalls schnell bei unvertrauten
Situationen zurück, an die sie sich auch nicht so
schnell gewöhnen können. Sie reagieren aber nicht besonders
heftig oder negativ. Zu diesen langsam auftauenden Babys
zählt man etwa 15 % (die restlichen 35 % der Kinder
können nicht eindeutig zugeordnet werden).
Was bedeuten die unterschiedlichen Bindungsqualitäten
konkret für ein Kind?
Die oben ausgeführte Beschreibung der verschiedenen Verhaltensweisen
zeigt Ihnen, dass bereits Einjährige verschiedene
Strategien entwickelt haben, mit Belastungen umzugehen.
Eine unsicher-ambivalente Bindung, bei der ein Kind sich
oft ängstlich an die Mutter anklammert, erlaubt den Kleinen in
etwas ungewöhnlicheren Situationen kaum, ihre Umgebung zu
erkunden, das heißt Erfahrungen zu sammeln. Sie sind viel zu
sehr damit beschäftigt, die Mutter ängstlich zu beobachten, um
ja nicht den Kontakt zu ihr zu verlieren. Dadurch werden sie in
ihren Entfaltungsmöglichkeiten stark eingeschränkt, denn sie
können die Angebote der Umgebung durch das andauernd erhöhte
Bindungsbedürfnis nicht nutzen.
Auch wenn die unsicher-vermeidend gebundenen Kinder
zunächst die Gegebenheiten des Fremde-Situation-Tests gut
zu meistern scheinen (siehe S. 14), zeigt sich bei genauerem
Hinsehen jedoch sehr wohl, dass auch sie - obwohl sie kein
Bindungsverhalten signalisieren - durch das Weggehen der
Mutter belastet sind. Die Art ihres Spiels deutet dies bereits an,
es ist eher ein Beschäftigen denn ein wirkliches Erkunden. Ihre
physiologischen Reaktionen zeigen noch eindeutiger ihre Belastung.
Sie ist ablesbar an einem erhöhten Herzschlag und dem
Ansteigen des Cortisolspiegels, der im Speichel messbar ist -
eine Methode, mit deren Hilfe man den Grad der momentanen
Stressbelastung zuverlässig erfassen kann.5 Nur bei unsicherer
Bindungsbeziehung war die erhöhte Ausschüttung dieses
Stressanzeigers feststellbar, auch noch lange Zeit nach dem
verunsichernden Ereignis, nicht jedoch bei sicher gebundenen
Kindern.
Unsicher-vermeidend gebundene Kinder sind weder so unbeeindruckt,
noch sind sie reifer in ihrer Entwicklung, wie sie
Was ist eigentlich eine gelungene Eltern-Kind-Beziehung?
durch ihr »cooles« Verhalten nach außen zu signalisieren scheinen.
Sie haben vielmehr aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen
eine Strategie entwickelt, nach außen unbeeindruckt zu wirken,
also nicht zu zeigen, wie stark sie eigentlich erregt sind und wie
sehr sie in Wirklichkeit eine Beruhigung durch die Mutter benötigen.
Ein Kind, das sich prinzipiell der Zuverlässigkeit und
Verfügbarkeit seiner Mutter nicht sicher ist, wird nicht nur
schneller verunsichert sein als im Falle einer sicheren Bindung
- ihm fehlt darüber hinaus auch eine geeignete Strategie, um
sich wieder beruhigen zu können, da es die Nähe seiner Mutter
meidet. Zusätzlich zeigt es seine Belastung nicht nach außen,
sodass die Umwelt die Angespanntheit des Kindes kaum wahrnehmen
und es unterstützen kann. Bereits als Einjährige lassen
sich manche ihren Kummer umso weniger anmerken, je stärker
sie emotional belastet sind.
Um es noch einmal hervorzuheben: Sicher gebundene Kinder
drücken bei der Wiedervereinigung mit ihrer Mutter ihr
Bedürfnis nach Nähe aus und können durch angemessene Verhaltensweisen
ihren Kummer bewältigen. Unsicher-vermeidend
und unsicher-ambivalent gebundene Kinder können jedoch
nicht auf eine adäquate, ihren Bedürfnissen entsprechende
Bewältigungsstrategie zurückgreifen. Ihre Belastung drückt
sich daher bereits im Alter von einem Jahr in einer physischen
Ausgleichsreaktion aus, feststellbar anhand den Stress anzeigenden
erhöhten Cortisolwerten.
Sicher gebundene Kinder können sich in Belastungssituationen
über die Nähe ihrer Eltern beruhigen und ihre Erregung
schnell in den Griff bekommen. Unsicher gebundene Kinder
konnten keine verlässliche Beziehung zu ihren Eltern aufbauen
und sind durch den Mangel an emotionalem Rückhalt
schnell zu verunsichern. Sie können so weniger die Angebote
der Umwelt zur Exploration und somit zum Erfahrungserwerb
nutzen. Die erhöhte Herzschlagfrequenz und die lange
anhaltenden erhöhten Cortisolwerte zeigen, dass ihre
Strategien zur Bewältigung von Belastungen wenig geeignet
sind, selbst wenn sie nach außen unbeeindruckt scheinen.
Copyright © 2008 Kösel-Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN: 978-3-641-03613-4
www.koesel.de
Hinter den glücklichen Momenten einer vertrauensvollen
Eltern-Kind-Beziehung verbirgt sich natürlich auch eine andere,
»harte« Realität: Schlaflose Nächte, weil die Kleinen über
Tage hinweg untröstlich scheinen. Nervenzehrende Hilflosigkeit,
weil dem Trotzkopf kaum beizukommen ist. Ungeduldiger
Ärger, da der Rechtschreibfehler zum »hundertsten« Mal auftritt.
Wut und Verzweiflung, wenn die Diskussionen mit dem
vierzehnjährigen, ewig gelangweilten, verstockten Neinsager
kein Ende zu nehmen scheinen. Ein gerütteltes Maß an Enttäuschung,
wenn anscheinend wochenlang, auch an Geburtstagen, in der
gesamten Umgebung kein einziges Telefon für einen
kurzen Anruf aufzutreiben ist. Dennoch, durch alle Veränderungen
und Krisen im Verlaufe eines Lebens - auch wenn sich
allgemein die Bedeutung der Eltern für ein Kind ändert und
auch ändern muss - ist die Beziehung eines Kindes zu seinen
Eltern etwas Besonderes und den Lebensweg grundlegend
Mitbestimmendes, selbst wenn sich diese Beziehung irgendwann
als kritisch erweist.
Mit all unseren Bemühungen möchten wir unsere Kinder
zu einer selbstbewussten, kompetenten, mit sich und ihrem Leben
zufriedenen, eigenständigen und liebesfähigen Persönlichkeit
führen, die in ihr soziales Umfeld eingebettet ist und deren
Verbundenheit - wir müssen uns das eingestehen - mit dem
Elternhaus über den gesamten Lebensweg hinweg bestehen
bleiben soll. Eltern sind sich ihrer Verantwortung wohl bewusst,
den gewichtigen Grundstein für einen gelungenen Lebensweg
ihres Kindes zu legen. Es steht außer Frage, dass körperliches
Wohlbefinden hierfür nicht ausreicht, sondern dass
das »psychische Wohlbefinden« letztendlich über die Qualität
der Eltern-Kind-Beziehung entscheidet, und das heißt die gefühlsmäßige
Zuwendung und Nähe, die einem Kind Sicherheit
und Geborgenheit vermitteln.
Die Zuneigung, die ein Kind in den ersten Lebensjahren
erfährt, bildet den Rahmen, in dem alle anderen späteren Beziehungen
eingefügt werden. An ihm »arbeiten« Eltern mit ihrer
Liebe und Fürsorge vom ersten Lebenstag ihres Kindes an
- ja, eigentlich schon vorher. Und sie sind es, die seine Signale
der Zuneigung beantworten und ihm somit die Welt der Gefühle
erschließen.
In der Überzeugung, dass ein gelungener Anfang auch die beste
Grundlage für einen weiterhin erfolgreichen Verlauf darstellt,
wird sich dieses Buch vor allem auf das erste Lebensjahr
konzentrieren, auch wenn es nicht beim zwölften Lebensmo-
nat Halt machen wird. Dies bedeutet natürlich nicht, dass ausschließlich
die Erfahrungen eines Kindes im ersten Jahr »prägend
«, also alles entscheidend für das gesamte restliche Leben
sein werden und somit alle weiteren Bemühungen nur noch ergänzenden
Charakter haben. Es soll damit betont werden, wie
eminent wichtig dieser Zeitraum ist - sowohl für die kindliche
Entwicklung als auch für die Entstehung elterlicher Gefühle.
Jedes menschliche Wesen lernt vom ersten Tag seines Lebens
an - genauer gesagt, bereits vorher. Und jedes menschliche
Wesen kann lebenslang hinzu- und umlernen. Somit lassen
sich auch im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen,
falls die erste Entwicklungszeit eines Kindes kritisch verlaufen
ist, etwaige Mängel mit viel Liebe und Geduld ausgleichen.
Pflege- und Adoptiveltern beispielsweise können durch ihr
emotionales Potenzial anfängliche Vernachlässigungen auffangen,
und Eltern können, sobald sie eine bedenkliche Entwicklung
erkennen, an ihren »Schwächen« arbeiten, die ihr Kind
ungünstig beeinflussen, und entsprechend gegensteuern.
Seien Sie also unbesorgt: Sie müssen keineswegs befürchten,
dass Ihr Kind gleich einen Ballast für sein gesamtes Leben
mitschleppt, wenn Sie hie und da einen Fehler machen. Wir
müssen nicht perfekt sein - perfekte Eltern ohne Fehl und Tadel
dürfte es wohl kaum geben und für ein Kind früher oder
später wahrscheinlich ein Gräuel sein. Liebevolle, zugewandte
Eltern, die ihr Kind als eigenständige kleine Persönlichkeit akzeptieren,
»genügen« für den Anfang vollends.
Einführung
Was ist eigentlich eine
gelungene Eltern-Kind-Beziehung?
»Bindung«, »Bonding« und »Attachment« -
Begriffe, die fast jeder kennt
Für eine gesunde Entwicklung ist ein Kind auf eine emotionale
Beziehung zumindest einer Person angewiesen, die die Elternaufgabe
übernimmt. »Bindung«, das wissenschaftliche Schlagwort
hierfür, fand in diesem Zusammenhang schnell Eingang
in den allgemeinen Sprachgebrauch. Doch nicht nur das Kind
bindet sich an seine Eltern, auch die Eltern entwickeln eine
emotionale Beziehung zu ihrem Kind. Im englischen Sprachgebrauch
wird mit »attachment« die Seite des Kindes, mit
»bonding« die Seite der Eltern bezeichnet. Im deutschen
Sprachgebrauch wird hingegen mit dem Begriff »Eltern-Kind-
Bindung« oder »Eltern-Kind-Beziehung« mehr die Zusammengehörigkeit
der beiden Seiten der Gefühlsverbindung zwischen
Eltern und Kind betont.
Ich möchte hervorheben, dass ich in diesem Buch das Wort
»Eltern« im weitesten Sinne verwende. Es steht für die Personen,
die ein Kind beständig betreuen, und gilt nicht unbedingt
allein für die leiblichen Eltern. Ebenso steht der Begriff
»Mutter« stellvertretend für die »Hauptbezugsperson«. Mütter
sind allerdings vor allem im ersten Lebensjahr - manchmal aus
rein biologischen Gründen aufgrund des Stillens - meist die
primären Betreuungspersonen. Engagierte Väter mögen mir
verzeihen, dass ich sie oft aus Gründen der flüssigeren Lesbarkeit
nicht explizit anführe.
Sichere und unsichere Bindungsbeziehungen -
die klassischen Bindungsbeobachtungen
Eltern vermitteln ihrem Kind das Gefühl der psychischen Sicherheit,
das heißt, sie sind Quelle der Angstfreiheit und Geborgenheit.
Im Säuglingsalter ist diese vor allem von der Präsenz
der Eltern abhängig. Die weitere kindliche Entwicklung
mit der Zunahme von kognitiven Fähigkeiten ermöglicht
einem Kind Schritt für Schritt, sich der emotionalen Nähe und
Verfügbarkeit der Bindungspersonen auch auf anderen Wegen
sicher zu sein.
Durch ihre fürsorgliche Art und Weise, durch die Aufmerksamkeit,
mit der Eltern auf seine Signale reagieren, erhält ein
Baby bereits im Verlauf seiner ersten Lebensmonate Gewissheit
darüber, dass seine Eltern es liebevoll umsorgen und seine
Bedürfnisse erkennen, dass sie es annehmen und schützen. So
erweisen sie sich als zuverlässige Bindungspartner. Werden Eltern
zu einer sicheren Basis für ihr Kind, kann man dies bereits
im Krabbelalter an seinem Verhalten ablesen: Sicher gebundene
Kinder erobern nicht nur neugieriger und selbstständiger ihre
Umwelt. Sie zeigen auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
eigenständigem Spiel und Interesse bzw. Freude am Kontakt
mit den Eltern. Sie sind im Allgemeinen ausgeglichen, weinen
seltener und zeigen kaum ängstliches, ärgerliches oder aggressives
Verhalten. Sie suchen bei Unbill die Nähe der Eltern und
lassen sich trösten, ohne zu klammern, das heißt, sie lösen sich
auch wieder, sobald Trauer und Schmerz überwunden sind. Sie
wissen, wie sie sich Hilfe holen, und tun dies auch, sobald sie
sich überfordert fühlen.
Eine gelungene Eltern-Kind-Beziehung lässt sich vielleicht
am besten im Vergleich zu nicht sicher gebundenen Kindern
anhand des Fremde-Situation-Tests (siehe auch S. 14) verdeutlichen,
auch wenn das gleich zu Anfang in etwas »trockene« wissenschaftliche
Bereiche führt. Bei diesen Beobachtungen werden
etwa Einjährige mit sie immer stärker verunsichernden
Situationen konfrontiert. In exakt festgelegten Beobachtungssituationen
bleiben die Kinder eine Zeit lang teils mit einer
fremden Person, teils völlig alleine in einer ihnen unbekannten
Umgebung zurück. Je verunsicherter ein Kind ist, desto mehr
benötigt es die beruhigende Nähe seiner Mutter, desto weniger
zeigt es verständlicherweise auch Spiel- oder Erkundungsverhalten,
selbst wenn das dargebotene Spielzeug noch so interessant
ist. Man kann sich das als eine Wippe vorstellen: auf der
einen Seite das Erkundungsverhalten, auf der anderen Seite das
Bindungsbedürfnis. Je sicherer und unbeschwerter sich ein
Kind fühlt, desto eher ist sein Erkundungsverhalten aktiviert.
Je unsicherer es sich fühlt, desto mehr Bindungsverhalten zeigt
es und umso weniger Erkundungsverhalten. Wird ein Kind
mehr und mehr verunsichert oder geängstigt, kann es immer
weniger spielen und wird verstärkt nach einem Rückhalt bei
seiner Betreuungsperson suchen, die ihm sein Sicherheitsgefühl
wiedergibt und ihm zeigt, dass es geschützt und alles in Ordnung
ist.1
Bei der Testanordnung erwartet man wahrscheinlich zunächst,
dass die Reaktionen der Kinder während der Trennung
von ihrer Mutter die interessantesten Informationen liefern.
Wie die Kleinen mit den Trennungssituationen umgingen, erwies
sich zwar als wichtig, besonders aufschlussreich für die
Beurteilung der Bindungsqualität waren jedoch die Verhaltensweisen
bei der Wiedervereinigung mit der Mutter.
Der Fremde-Situation-Test - eine Methode
zur Beurteilung der Bindungsbeziehung
Mary Ainsworth2 entwickelte diesen Test, durch den die
Bindungsqualität von etwa Ein- bis Eineinhalbjährigen an
ihre Betreuungspersonen erfasst werden können - und zwar
aufgrund eines standardisierten Ablaufs von Episoden des
Zusammenseins mit der Mutter bzw. der Trennung von ihr
in einer fremden Umgebung. Die im Testraum herumliegenden
Spielsachen sind zwar interessant und regen auf der
einen Seite zu Erkundungsverhalten an, auf der anderen Seite
sind die Kinder durch die fremde Umgebung aber auch
ein wenig beunruhigt. Sie benötigen daher eher eine Rückversicherung
durch die Mutter, was sich an den öfters auftretenden,
das Bindungsbedürfnis signalisierenden Verhaltensmustern
gut erkennen lässt, wie häufigerer Blickkontakt mit
der Mutter oder Wunsch nach direkter körperlicher Nähe.
Da die Mutter bei diesem Test abseits von der Spielecke
sitzt, sind die Verhaltensweisen des Kindes zur Kontaktaufnahme
gut beobachtbar.
In acht Episoden, die jeweils drei Minuten dauern, wird
das Kind unterschiedlich stark verunsichernden Situationen
ausgesetzt - natürlich nur, wenn es nicht zu heftig reagiert:
Mutter und Baby werden von einer Untersuchungsleiterin in
den Beobachtungsraum gebracht (Episode 1). Zunächst also
mit der Mutter allein muss das Kind sich entscheiden, ob es
in der unbekannten Umgebung zur Mutter strebt oder die
interessanten Spielsachen erkunden möchte (Episode 2).
Drei Minuten später kommt eine fremde Person hinzu (Episode
3). Nach der festgesetzten Zeit verlässt die Mutter den
Raum (Episode 4) und kehrt nach weiteren drei Minuten
zurück, während gleichzeitig die fremde Person geht (Episo-
de 5). Danach verlässt die Mutter ebenfalls den Raum wie
der Fremde und das Baby bleibt alleine zurück (Episode 6). Nach
drei Minuten kommt die fremde Person erneut herein (Epi
sode 7). In der letzten Episode verlässt die Fremde den
Raum, sobald die Mutter zurückkehrt (Episode 8).
Jede Episode verunsichert die Kinder immer stärker. Das
heißt, ihr Bedürfnis nach Nähe zur Mutter nimmt zu, die
Spielbereitschaft jedoch mehr und mehr ab, da sie immer
ängstlicher werden, insbesondere wenn die Mutter gegangen
ist und sie in der fremden Umgebung alleine bleiben. Auch
nach der Rückkehr der Mutter sind die Kinder verständli-
cherweise noch stark beunruhigt und spielen nicht mehr so
intensiv wie in der Ausgangssituation.
Die übliche Reaktion von Kindern mit einer sicheren Bindung:
Zunächst erkunden die Kinder interessiert das Spielzeug,
das in der Spielecke ausgebreitet ist, während sie hin und wieder
Kontakt zur Mutter aufnehmen, die etwas abseits sitzt.
Verlässt die Mutter den Raum, protestieren die Kleinen zwar,
sie beginnen jedoch nicht unmittelbar zu weinen oder zu
schreien. Sie rufen zunächst nach ihr, und da sie nicht zurückkehrt,
verlieren sie nach und nach das Interesse an den Spielsachen.
Sie beginnen, nach der Mutter zu suchen und oft auch zu
weinen, wobei die Beruhigungsversuche einer fremden Person
erfolglos bleiben. Sobald die Mutter zurückkehrt, wird sie freudestrahlend
begrüßt. Die Kleinen suchen ihre körperliche Nähe
und wollen von ihr getröstet werden. Nach einer Weile sind sie
schließlich beruhigt und beginnen allmählich wieder zu spielen.
Die Reaktionen unsicher gebundener Kinder: Bei nicht sicher
gebundenen Kindern sind verschiedene typische Verhaltensmuster
beobachtbar:
Bei einer sogenannten unsicher-vermeidenden Bindungsbeziehung
zeigen die Kleinen in der Beobachtungssituation
zunächst ein anscheinend recht selbstständiges Verhalten. Die
Mutter wird während des Spiels insgesamt wenig beachtet,
selbst wenn sie den Raum verlässt, scheint es für die Kinder
kein Problem zu sein. Sie spielen angeregt mit Fremden und
beachten ihre Mutter bei der Rückkehr nicht besonders, suchen
also auch keinen Körperkontakt zu ihr. Insgesamt scheinen die
Kleinen allein gut zurechtzukommen und zeigen sich wenig
beeindruckt von der ungewöhnlichen Situation. Dieses Verhalten
lässt - allerdings nur auf den ersten Blick - einen hohen
Grad an Selbstständigkeit vermuten (siehe auch S. 19 f.).
Bei einer unsicher-ambivalenten Bindung können die
Mütter ihre Kinder nur sehr schwer beruhigen, sobald sie verunsichert
werden. Die Kleinen haben in der fremden Umgebung
starke Angst, den Kontakt mit ihrer Mutter zu verlieren.
Sie beobachten die ganze Zeit über, was die Mutter macht.
Bisweilen ist es der Mutter in der Testsituation nicht möglich,
ihr Kind alleine zu lassen, da es sich anklammert und heftig
weinend protestiert. Auf der anderen Seite wehrt es sich
manchmal ärgerlich und wütend dagegen, in den Arm genommen
und getröstet zu werden, wenn die Mutter es nach der
Trennung beruhigen will.
Von einer desorganisierten Bindungsbeziehung spricht
man, wenn verschiedenste widersprüchliche Verhaltensweisen
zusammenfallen, die oft eine Kombination von Reaktionen aus
den beiden anderen unsicheren Bindungsbeziehungen sind. So
treten beispielsweise Vermeidungsreaktionen gleichzeitig mit
starkem Trennungsprotest auf. Oder das Kind gebärdet sich
ausgesprochen ärgerlich gegenüber der Mutter, obwohl es zuvor
zufrieden alleine spielte. So vielschichtig die Ausdrucksweise
bei dieser Bindungsdesorganisation ist, so vielschichtig
sind die Hintergründe hierfür. Der desorganisierte Bindungstyp
kann in Zusammenhang mit neurologischen Schädigungen
des Kindes auftreten, aber auch mit Misshandlung und Vernachlässigung
bzw. mit anderen traumatischen oder ungewöhnlichen
und belastenden Ereignissen in Verbindung stehen.3
Deshalb ist diese Bindungsorganisation hier nur der Vollständigkeit
halber erwähnt. Sie näher zu erläutern, würde den Rahmen
dieses Buches sprengen. Interessierte Leser können mehr
in dem Buch von Grossmann/Grossmann Bindungen, das Gefüge
psychischer Sicherheit nachlesen (siehe Anmerkungen/Literatur,
S. 149).
Die Beschreibung der kindlichen Verhaltensweisen im Fremde-
Situation-Test sollte Sie jetzt nicht dazu veranlassen, beunruhigt
Ihre Kleine zu beobachten, die bei Besuchen kaum von
Mamas Schoß klettert, oder den selbstbewussten Zwerg, der
neugierig und unbeeindruckt die fremde Wohnung Ihrer
Freunde inspiziert. Es gibt einfach kleine Schüchterne, die immer
etwas gehemmter in fremder Umgebung sind und die nur
»langsam auftauen«, das ist Temperamentssache. Und die ausgesprochen
selbstbewusste Variante sollte Sie auch nicht gleich
ängstigen: Sie haben nun mal ein extrovertiertes Kerlchen vor
sich, das es vielleicht auch durch Ihr großes soziales Netz gewohnt
ist, sich unbeeindruckt in fremder Umgebung zu bewegen.
Diese Verhaltensweisen müssen keineswegs gleich eine
unsichere Bindung signalisieren.
Auch während wissenschaftlicher Untersuchungen sind für
eine seriöse Zuordnung der Kinder zu den verschiedenen Bindungstypen
mehr als nur die Beobachtungen während der
Fremde-Situation nötig, die hier nur grob und im Überblick
beschrieben wurden. Alle Untersuchungen der gefilmten Tests
gingen mit aufwändigen Verhaltensanalysen durch mehrere
trainierte Personen und mit Beobachtungen auch im häuslichen
Rahmen einher, um die Persönlichkeitseigenschaften der kleinen
Probanden mit einbeziehen zu können.
Bereits im ersten Lebensjahr unterscheidet man
verschiedene Temperamente
Schon mit wenigen Monaten unterscheiden sich Kinder in
ihrem Temperament, das sich an typischen Reaktionen und
Verhaltensstilen festmacht, zum Beispiel anhand der Heftigkeit
ihrer Reaktionen, wie leicht sie sich an Veränderungen
anpassen können, in welcher Stimmungslage sie vornehmlich
sind: Im Babyalter unterscheidet man zwischen »pflegeleichtem
«, »schwierigem« und »langsam auftauendem« Temperament.
Wie die Bezeichnung vermuten lässt, ist die Stimmungslage
pflegeleichter Babys vorwiegend positiv. Der Tagesablauf
ist für Eltern recht bald gut vorhersehbar, da sich relativ
schnell zum Beispiel ein Schlaf- oder Stillrhythmus einstellt.
Diese Kinder haben keine Probleme damit, sich auf andere
Leute und neue Gegebenheiten einzustellen und können
sich leicht und gut an veränderte Situationen anpassen. Etwa
40 % werden zu den pflegeleichten Babys gerechnet, während
ungefähr 10 % ein schwieriges Temperament haben.
Bei ihnen ist der Tagesablauf ziemlich unberechenbar. Sie
reagieren eher mit Rückzug auf neue Menschen und Situationen
und gewöhnen sich nur schwer an Veränderungen. Vor
allem reagieren sie allgemein recht heftig und unwillig. Die
langsam auftauenden Kinder hingegen wirken scheu und zurückhaltend
und ziehen sich ebenfalls schnell bei unvertrauten
Situationen zurück, an die sie sich auch nicht so
schnell gewöhnen können. Sie reagieren aber nicht besonders
heftig oder negativ. Zu diesen langsam auftauenden Babys
zählt man etwa 15 % (die restlichen 35 % der Kinder
können nicht eindeutig zugeordnet werden).
Was bedeuten die unterschiedlichen Bindungsqualitäten
konkret für ein Kind?
Die oben ausgeführte Beschreibung der verschiedenen Verhaltensweisen
zeigt Ihnen, dass bereits Einjährige verschiedene
Strategien entwickelt haben, mit Belastungen umzugehen.
Eine unsicher-ambivalente Bindung, bei der ein Kind sich
oft ängstlich an die Mutter anklammert, erlaubt den Kleinen in
etwas ungewöhnlicheren Situationen kaum, ihre Umgebung zu
erkunden, das heißt Erfahrungen zu sammeln. Sie sind viel zu
sehr damit beschäftigt, die Mutter ängstlich zu beobachten, um
ja nicht den Kontakt zu ihr zu verlieren. Dadurch werden sie in
ihren Entfaltungsmöglichkeiten stark eingeschränkt, denn sie
können die Angebote der Umgebung durch das andauernd erhöhte
Bindungsbedürfnis nicht nutzen.
Auch wenn die unsicher-vermeidend gebundenen Kinder
zunächst die Gegebenheiten des Fremde-Situation-Tests gut
zu meistern scheinen (siehe S. 14), zeigt sich bei genauerem
Hinsehen jedoch sehr wohl, dass auch sie - obwohl sie kein
Bindungsverhalten signalisieren - durch das Weggehen der
Mutter belastet sind. Die Art ihres Spiels deutet dies bereits an,
es ist eher ein Beschäftigen denn ein wirkliches Erkunden. Ihre
physiologischen Reaktionen zeigen noch eindeutiger ihre Belastung.
Sie ist ablesbar an einem erhöhten Herzschlag und dem
Ansteigen des Cortisolspiegels, der im Speichel messbar ist -
eine Methode, mit deren Hilfe man den Grad der momentanen
Stressbelastung zuverlässig erfassen kann.5 Nur bei unsicherer
Bindungsbeziehung war die erhöhte Ausschüttung dieses
Stressanzeigers feststellbar, auch noch lange Zeit nach dem
verunsichernden Ereignis, nicht jedoch bei sicher gebundenen
Kindern.
Unsicher-vermeidend gebundene Kinder sind weder so unbeeindruckt,
noch sind sie reifer in ihrer Entwicklung, wie sie
Was ist eigentlich eine gelungene Eltern-Kind-Beziehung?
durch ihr »cooles« Verhalten nach außen zu signalisieren scheinen.
Sie haben vielmehr aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen
eine Strategie entwickelt, nach außen unbeeindruckt zu wirken,
also nicht zu zeigen, wie stark sie eigentlich erregt sind und wie
sehr sie in Wirklichkeit eine Beruhigung durch die Mutter benötigen.
Ein Kind, das sich prinzipiell der Zuverlässigkeit und
Verfügbarkeit seiner Mutter nicht sicher ist, wird nicht nur
schneller verunsichert sein als im Falle einer sicheren Bindung
- ihm fehlt darüber hinaus auch eine geeignete Strategie, um
sich wieder beruhigen zu können, da es die Nähe seiner Mutter
meidet. Zusätzlich zeigt es seine Belastung nicht nach außen,
sodass die Umwelt die Angespanntheit des Kindes kaum wahrnehmen
und es unterstützen kann. Bereits als Einjährige lassen
sich manche ihren Kummer umso weniger anmerken, je stärker
sie emotional belastet sind.
Um es noch einmal hervorzuheben: Sicher gebundene Kinder
drücken bei der Wiedervereinigung mit ihrer Mutter ihr
Bedürfnis nach Nähe aus und können durch angemessene Verhaltensweisen
ihren Kummer bewältigen. Unsicher-vermeidend
und unsicher-ambivalent gebundene Kinder können jedoch
nicht auf eine adäquate, ihren Bedürfnissen entsprechende
Bewältigungsstrategie zurückgreifen. Ihre Belastung drückt
sich daher bereits im Alter von einem Jahr in einer physischen
Ausgleichsreaktion aus, feststellbar anhand den Stress anzeigenden
erhöhten Cortisolwerten.
Sicher gebundene Kinder können sich in Belastungssituationen
über die Nähe ihrer Eltern beruhigen und ihre Erregung
schnell in den Griff bekommen. Unsicher gebundene Kinder
konnten keine verlässliche Beziehung zu ihren Eltern aufbauen
und sind durch den Mangel an emotionalem Rückhalt
schnell zu verunsichern. Sie können so weniger die Angebote
der Umwelt zur Exploration und somit zum Erfahrungserwerb
nutzen. Die erhöhte Herzschlagfrequenz und die lange
anhaltenden erhöhten Cortisolwerte zeigen, dass ihre
Strategien zur Bewältigung von Belastungen wenig geeignet
sind, selbst wenn sie nach außen unbeeindruckt scheinen.
Copyright © 2008 Kösel-Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN: 978-3-641-03613-4
www.koesel.de
... weniger
Autoren-Porträt von Evelin Kirkilionis
Kirkilionis, EvelinDr. Evelin Kirkilionis, geb. 1952, ist Humanethologin, Mitbegründerin der selbstständigen Forschungsgruppe "Verhaltensbiologie des Menschen" in Kandern b. Freiburg, erfolgreiche Sachbuch-Autorin und erfahrene Leiterin von Workshops und Fortbildungen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Evelin Kirkilionis
- 2014, 3. Aufl., 159 Seiten, Maße: 13,4 x 21,4 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Kösel
- ISBN-10: 3466345219
- ISBN-13: 9783466345212
- Erscheinungsdatum: 13.05.2008
Rezension zu „Bindung stärkt “
"Ein aufschlussreiches und wertvolles Buch, welches Müttern und Vätern konkrete Ratschläge für den Aufbau einer starken emotionalen Bindung mit ihrem Baby gibt (...)." baby-info, Juli-September 2009, Ingrid Keller
Kommentar zu "Bindung stärkt"
0 Gebrauchte Artikel zu „Bindung stärkt“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Bindung stärkt".
Kommentar verfassen